Der Erste Weltkrieg fing so harmlos an, wenn man die Familiendokumente durchschaut: Mit einem Brief aus Neumünster an die Eltern von „Heini“ Voß. Absender sind seine Gasteltern in Neumünster, Familie Kastberg. Heinrich Voß war in Neumünster als Soldat stationiert und privat einquatiert worden. Das Foto oben zeigt ihn übrigens zusammen mit seiner Schwester Martha Voß.
„Gestern haben wir nun Ihren lieben Sohn wegziehen lassen. Etwas länger, wie wir erst gedacht hatten, haben wir ihn ja noch in unserem Heim behalten dürfen.“
Familie Kastberg, Neumünster, an die Eltern von Heinrich Voß
Um 24. November 1914 um 7:30 Uhr verlässt Heinrich Voß das Haus in der Propstenstraße 6. Er ist schwer bepackt. Um 11 Uhr kehrt er schon wieder zurück. Die Abfahrt soll nun erst am Nachmittag um 16:30 Uhr sein, schreiben seine Gastgeber. Und so kommt es dann auch. In dem Brief, der von Neumünster nach Hamburg ging, heißt es weiter:
„Er hat ja mit seinen Kameraden die Reise nach Ostende angetreten. Ob sie wohl gestern Abend im Quartier gewesen sind, er hat uns ordentlich gefehlt gestern, wie niemand kam um sein Zimmer zu beziehen.“
Familie Kastberg, Neumünster, an die Eltern von Heinrich Voß
Für den jungen Soldaten beginnt damit ein Einsatz an dessen Ende er schwer verletzt werden soll.
Heinrich Voß gehört zunächst dem 84. Regiment in Lübeck an, dann später dem Telefontrupp III des Infanterie-Regiments 184. Das Buch „Vierzig Monate Westfront“ von Ernst Neumann, Oldenburg i.O, 1934 kauft er viele Jahre später und notiert darin einige Ereignis. So lässt sich ein Teil seiner Soldatenzeit zurückverfolgen.
Am 14. Oktober 1915 wird der Ort Bazancourt, in dem das Regiment 184 liegt, von 15 bis 20 Flugzeugen angegriffen. Der erste handschriftlich Eintrag von Heinrich Voß bezieht sich auf den nächsten Tag. Es trifft, wie der Autor des Buches „Vierzig Monate Westfront“ schreibt, Ersatz ein, u.a. das Regiment 84 aus Lübeck. Vier Unteroffiziere sowie 189 Mannschaftsdienstgrade, zu denen Heinrich Voß gehört, werden dem III. Batallion zugeteilt.
Der nächste handschriftliche Eintrag findet sich am 12. Juli 1916. Der Unterstand zur Vermittlung Bazentin wird durch einen Volltreffer zerstört. Wegen des starken Artelleriefeuers sei ein „Finden und Flicken der Stelle ganz ausgeschlossen.“
Die 9. Kompanie, so heißt es weiter, hat „den Auftrag, das Grabenstück links des Schlosses bis zur Straße von Martinpuich zu nehmen“. Der Ort ist mit einem handschriftlichen Sternchen versehen. Daneben steht „verwundet“. Sein Sohn, Joachim Voß, bestätigt später diese Verwundung. Es war ein Schuss in den Fuß.
Rund um Bazentin kommt es zu heftigen Gefechten zwischen Engländern und Deutschen. Bereits vier Tage nach der Verwundung Heinrich Voß gibt es am 14. Juli 1916 eine heftige Schlacht, bei der die Engländer zunächst unterlegen sind. Ein Bericht ist auf der Homepage des Soldatenfriedhofes nachzulesen.
Heinrich Voß entkommt diesen Schlachten: Im Oktober 1916 entsteht ein Foto in Blankenburg. Offenbar ist er nach seiner Verletzung weit hinter die Front verlegt worden.
Ein Jahr später, im Oktober 1917, entsteht ein Foto in Uniform während des Urlaubs.
Am 08. Dezember 1917 bekommt Heinrich Voß das Eiserne Kreuz II. Klasse verliehen. Es unterzeichnet der Kommandeur des Infanterie-Regiments 184.
Das letzte Foto während des Weltkrieges wird 1918 aufgenommen.
Heinrich Voß wird an einem noch unbekannten Ort schwer durch ein Geschoss getroffen. Es dringt ihm in die linke Wange ein, geht durch den Mundraum und verlässt den Körper dann auf der rechten Seite am Hals. Heinrich Voß überlebt diesen Schuss. Nach einer Schilderung seines Sohnes, Joachim Voß, hat er über Kameraden erfahren, dass man ihn auf den Schlachtfeld zunächst liegengelassen hatte, weil man davon ausging, ein Kopfschuss sei tödlich. Erst später entdeckte man, dass er sich bewegte. Bis auf die Narben und ein selten auftretendes leichtes Knacken des Kiefers blieben keine dauerhaften Schäden zurück.
Für Heinrich Voß war es aber das Ende des Weltkrieges. Er wird nach Deutschland zurückgebracht.